Kleines Dorfladen 1x1
(Quelle am Ende des Textes)
Warum wird in Immensen zur Zeit über die Nahversorgung diskutiert und ein „Dorfladen – von Bürgern für Bürger“ geplant ?
Weil die mit Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs nicht mehr gewährleistet ist. So wie Immensen ergeht es immer mehr Dörfern, ganzen Gemeinden und sogar größeren Wohnquartieren in Städten: Zu Fuß oder per Fahrrad zum Lebensmittel-Einkauf – das ist kaum noch möglich. Seit 1970 hat sich die Zahl der Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte von 160.000 auf unter 39.000 im Jahre 2014 drastisch reduziert.
In Gemeinden im ländlichen Raum können oftmals 40 % bis 50% der Einwohner (oder noch mehr) keine Lebensmittel mehr im eigenen Wohnort einkaufen – wie in Immensen. Folge: Die Zahl der Fahrten mit Kraftfahrzeugen zum Einkaufen hat sich mehr als verdoppelt – bei steigenden Kraftstoff-Preisen. Und vor Ort: Weitere Geschäfte schließen, Arbeitsplätze gehen verloren, die Einwohnerzahl sinkt – ebenso wie der Wert von Häusern.
Was bedeutet denn das Fehlen von Lebensmittel-Läden in Dörfern ?
Für die Menschen in den Dörfern geht Lebensqualität verloren, das „Einkaufen müssen“ in größeren Orten / Städten ist oftmals mit zusätzlichen (Fahrt-)Kosten und höherem Zeitaufwand verbunden. Das „Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung“ hat im Herbst 2012 in einer Studie die Auswirkungen fehlender Nahversorgung auf die Entwicklung der Immobilienpreise dokumentiert. Schließt der letzte Laden, hat das in der Regel negative Auswirkungen auf die Einwohner-Entwicklung. Sinkt die Einwohnerzahl z.B. um 5 %, dann fallen nach der Studie des Berlin-Instituts die Immobilienpreise um 7 %, reduziert sich die Einwohnerzahl um 10 %, dann fallen die Preise für Wohnhäuser im Dorf um 14 % ….
Was ist ein Dorfladen „von Bürgern für Bürger“ ?
Immer mehr Bürgermeister, engagierte Bürger und Kommunalpolitiker sind es nach Feststellungen des Niedersächsischen Dorfladen-Netzwerkes leid, sich von den großen Konzernen vorschreiben zu lassen, wie weit die Menschen zum Einkaufen fahren müssen. Immer mehr engagierte Bürger nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und gründen kleine Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte als Genossenschaft oder mit einem wirtschaftlichen Verein als Betreiber, schaffen Arbeitsplätze vor Ort und sichern Grundversorgung, Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit.
Wer ist denn Eigentümer eines solchen Ladens ?
Die Bürger selbst. Oftmals schließen sich 60, 100 und manchmal rund 200 Einwohner bzw. Haushalte eines Dorfes / einer Region zu einer Genossenschaft e.G. („Einer für alle“) oder einem wirtschaftlichen Verein w.V. (eine Art „Mini-Genossenschaft“) zusammen. Die Bürger als e.G. oder w.V. sind dann Laden-Betreiber, Arbeitgeber und Mieter der Ladenfläche.
Wie wird denn so was finanziert ?
Für den Laden-Umbau und die Laden-Einrichtung gibt es möglicherweise Zuschüsse von Gemeinde, Land und EU aus Förderprogrammen für den ländlichen Raum. Ohne Eigenkapital von den Bürgern geht es aber nicht. Oftmals entscheiden sich die neuen Bürger-Gesellschaften für einen Kapitalanteil von z.B. 150 €, 200 €, 250 € …. Jeder Bürger kann sich dann nach seinen persönlichen, finanziellen Möglichkeiten sozialverträglich mit 1 Kapitalanteil (z.B. 200 €) oder mehreren Anteilen beteiligen. Im w.V. gibt es je Kapitalanteil 1 Stimme in der Mitgliederversammlung. Bei vielen Dorfladen-Neugründungen werden so Kapital-Beträge von insgesamt 30.000 – 60.000 Euro (oder mehr) von den Bürgern selbst aufgebracht, um damit die Laden-Einrichtung und den Warenbestand dauerhaft zu finanzieren.
Wer haftet denn für so einen Dorfladen ?
Es haftet nur das Kapital der Genossenschaft (e.G.) oder des Vereins (w.V.). Jedes Mitglied haftet also maximal mit dem eingezahlten Kapital (z.B. 200 €) – darüber hinaus aber nicht.
So ein Dorfladen ist doch nur was für ältere Einwohner, für Menschen ohne Auto !
Dorfläden sind wichtig für die Dorf-Einwohner aller Generationen! Wer mit 30, 40 oder 50 die örtlichen Geschäfte nicht schätzt und dort nicht einkauft, darf sich später mit 70 nicht beklagen, wenn die Wege zum Einkaufen immer weiter und beschwerlicher werden.
Kann so ein Dorfladen denn überhaupt wirtschaftlich betrieben werden ?
Eine Erfolgs-Garantie gibt es natürlich nicht. Wenn die Laden-Gründung und der Betrieb gut vorbereitet wird und die Einwohner dann in IHREM Dorfladen angemessen einkaufen (nicht nur das, was in der größeren Orten vergessen wurde), dann laufen diese Dorfläden erfolgreich. Die Einwohner haben es letztendlich selbst in der Hand. In Süddeutschland wurden in den letzten 10 Jahren über 130 Dorfläden gegründet. Nach Angaben eines Unternehmensberaters aus Bayern mussten weniger als 10 dieser Läden schließen. Im Landkreis Verden gab es in den 1990er Jahren drei Dorfläden – von Bürgern für Bürger. Zwei davon gibt es seit mehr als 15 Jahren: Bendingbostel (750 Einwohner) seit 1997 und Otersen (510 Einwohner) seit 2001.
Können denn „Tante Emma-Läden“ wirklich mit den großen Märkten konkurrieren ?
Kommt drauf an, was der Kunde erwartet? Discounter haben oftmals 1.000 verschiedene Artikel im Regal, die großen Supermärkte 10.000, 15.000 oder noch mehr Vielfalt. Ein Dorfladen führt auf 100 – 200 qm Ladenfläche oftmals ein Sortiment mit 1.500 bis 3.000 verschiedenen Artikeln. Dorfläden punkten mit
einem guten, vielfältigen Grundsortiment und berücksichtigen Kunden-Wünsche
guten Lebensmitteln aus der Region, auch in Bio-Qualität – „Regional ist ideal“!
dörflicher Kommunikation beim Einkaufen – „Wer weiter denkt kauft näher ein“!
Oftmals wird in Dörfern mit engagierten Bürgern aus einem Dorfladen ein neues Dorfzentrum mit vielen Zusatz-Angeboten. Lebens-Mittelpunkt eines Dorfes statt nur Lebensmittel-Markt!
Sind die kleinen Dorfläden denn nicht viel teurer als die großen Märkte ?
Das will uns zumindest die Werbung und der aggressive Preiskampf bei ausgewählten Artikeln so glauben machen – aber die Realität ist eine andere. Mit einem guten Großhandels-Partner als Hauptlieferant im Rücken, kann ein Dorfladen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. „… und wenn ich dann die Benzin-Kosten dazu rechne, kaufe ich im Supermarkt nicht günstiger ein“ betonte eine Dorfladen-Kundin in Otersen vor laufender Fernseh-Kamera. Preisvergleiche haben ergeben, dass gut geführte Dorfläden bei den Preisen gut mithalten können und wer Fahrtkosten und Zeitaufwand mit berechnet, kauft im eigenen Dorfladen sogar günstiger ein.
Wer führt denn so einen Dorfladen ?
In der Regel werden 4, 5 oder mehr (Teilzeit-)Arbeitsplätze geschaffen. Die angestellten Verkäuferinnen erledigen das Tagesgeschäft und werden gelegentlich von ehrenamtlichen Kräften unterstützt – z.B. beim Einräumen der Ware. Ein ehrenamt-licher Vorstand (ggf. und Aufsichtsrat) kümmert sich um die Gesamt-Leitung und ein engagierter Bürger (Rentner) übernimmt die Buchführung.
Welche Besonderheiten können erfolgreiche Dorfläden denn so bieten ?
Das bestimmen die Einwohner in den Dörfern selbst. Kleines Café neben dem Dorfladen, einmal pro Woche Suppen-Tag = „gemeinsam statt einsam“ beim Mittagstisch, Bastel-, Spiele- und Klön-Schnack-Angebote im Café, zusätzliche Dienstleistungen im Dorfladen, Liefer-Service ….
Welche Vorteile haben Kunden und Mitglieder ?
Einkaufen und Mitbürger treffen am Wohnort, kurze Wege, mehr Freizeit – weniger Fahrzeit, gutes Preis-Leistungsverhältnis, Einfluss nehmen auf Sortiment und Angebote im Dorfladen.
Warum sollte ich mich beteiligen ?
Die Einwohner eines Dorfes / einer kleinen Gemeinde entscheiden durch ihr Einkaufsverhalten und durch ihr bürgerschaftliches Engagement, wie es sich in der Zukunft im eigenen Dorf leben lässt.
GEMEINSAM lässt sich die Zukunft im Dorf positiv gestalten.
Deshalb: „Aktive Bürger haben lebendige Dörfer"
– die Alternative ist „Schlafe mein Dörfchen schlaf ein“
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